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Die Weißenberger Butterschnitte

  O. u. N. Laus. Chronik S. 46.

Es wollte aber der Churfürst nach Polen fahren und die Straße ging unten bei Weißenberg vorbei. Und sie standen alle unten und warteten und der Bürgermeister hatte eine große Bittschrift in der Tasche, die er dem Churfürsten überreichen wollte. Und sie mußten sehr lange warten und setzten sich hin am Wege und zogen große Butterschnitten aus der Tasche und aßen; aber der Bürgermeister aß nicht. Auf einmal kam ein Wagen gefahren und er war schon vorbei; da merkten sie erst, daß es der Churfürst war.

Und sie liefen alle hinterdrein und der Bürgermeister war voran. Und er zerrte an seiner Tasche und riß, um die Bittschrift herauszuziehen; aber er erwischte nur die Butterschnitte, die war in Papier eingewickelt, und warf sie in den Wagen. Und der Wagen fuhr weiter. Aber nach vier Wochen kriegten sie einen großen Brief aus Warschau und mußten schweres Postgeld dafür bezahlen. Und in dem Briefe war die Butterschnitte; die kriegten sie wieder und eine dicke Nase. Und davon schreibt sich's, daß man sagt: „Er hat eine Butterschnitte bekommen„.

Anmerkungen (Karl Haupt): Weißenberg ist das Schilda, die Weißenberger sind die Schildbürger der Lausitz. So heißt es, die Weißenberger hätten immer nicht gewußt, wen sie zu ihrem Bürgermeister machen sollten. Da hätte ein kluger Kopf den Vorschlag gemacht, man solle ein großes ungehobeltes Brett auf die Rathshaus treppe legen, auf diesem sollten sie alle herunterrutschen, aber keine Lederhosen dabei anhaben, und wer bei dieser Rutschpartie den größten Schiefer in den Hintern bekäme, der solle Bürgermeister sein. So sei es beschlossen einmal und so werde es noch heute treulich gehalten. (Mündlich aus U.)

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862