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Der spukende Graf

I

  Mündlich aus Guben

Auf dem Weinberge bei Beesgen stand früher ein Häuschen, welches ein alter Graf im Besitz hatte. Als dieser einst in Guben das große Feuer gedämpft hatte, schlug eine Flamme hinter ihm her, und daran starb er. Jetzt läßt er sich noch zu gewissen Zeiten bei dem Berghäuschen sehen. Wenn jemand in der Nacht und am Abend dort vorbeigeht, so schreitet der Graf neben ihm her bis nach Küppern zum Spitzberge. Einem Manne, der von Küppern nach Guben fuhr, blieben die Pferde beim Weinberge stehen und waren nicht mehr von der Stelle zu bekommen. Wenn er die Peitsche nahm, gingen sie immer vorn hoch. Als der Mann vom Wagen stieg, um die Pferde beim Zügel zu nehmen, sah er neben den Tieren einen hohen (großen) Menschen stehen, und da er denselben anreden wollte, war er verschwunden. Die Pferde liefen nachher, so schnell sie konnten.

II

  Mündlich aus Schenkendorf

Ein Maurer, der in Guben arbeitete, ging nach einem Hebeschmause erst spät in der Nacht heim nach Küppern. Als er sich in der Nähe des Weinberges an der Stelle befand, wo sein Weg von dem, der aus Schenkendorf kommt, gekreuzt wird, sah er ein Fuhrwerk mit einem Planwagen aus der Heide kommen. Er rief: „Da kann man wohl mitfahren?„ erhielt aber keine Antwort, und im Nu war der Wagen wieder in der Heide verschwunden. Der Wagen fuhr, wo gar kein Weg war.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894