Der ewige Jude

  Mündlich

Herr Johann Schüller aus Gressenich erzählt: Jesus kam auf seinem Leidensweg mit dem Kreuze an das Haus eines Juden und konnte nicht mehr weiter. Er wollte ausruhen, der Jude aber wollte es nicht zulassen und trieb ihn weg. Da sprach der Herr: „Ich soll ruhen, und du sollst wandern bis zum Ende der Welt.“ Darauf erwiderten der Jude: „Herr, laß mir die Zeit nicht zu lang werden.“ So muß der Jude seitdem wandern, nimmer darf er ruhen.

Herr B. Kremer erzählte, daß er folgende Sage in seiner Jugend in Niedermerz gehört: Jesus wollte mit seinem Kreuze vor dem Hause eines Juden Rast machen, was dieser aber nicht duldete. Da sagte Jesus zu ihm: „Du sollst jonn, on ich soll stonn“, und sofort machte sich der Jude auf und lief davon. Er soll bis zum jüngste Tage wandern ohne Rast und Ruh'.

Man will ihn auch durch die hiesigen Wälder, zu einem Skelett abgemagert, einem Schatten gleich, mit einem riesigen Bonapartshute auf dem Kopfe, hastig eilend gesehen haben.

Quelle: Heinrich Hoffmann, Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Zweiter Teil: Sagen aus dem Indegebiet; www.stolberg-abc.de