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Querxe auf einer Bauernhochzeit

  Büsching I. 73. 
  Bechstein, Deutsches Sagenbuch S. 526 (mit Holzschnitt). 
  K. Haupt, 1. c. S. 213.

Einst kamen die Querxe schaarenweise aus dem Querxloche am breiten Berge bei Zittau heraus und trieben Kurzweil in den Sträuchern des Berges. Da kam ein Bauer aus Bertsdorf des Weges, dem rief gerade seine Frau zu, er möge sich zurecht machen und mit ihr auf eine Hochzeit gehen, zu der sie beide eingeladen waren. Als das die Querxe hörten, berathschlagten sie unter sich und wurden bald einig, mit den Bauersleuten zur Hochzeit zu gehen und sich einmal auf anderer Leute Unkosten einen guten Tag zu machen. Also rufen sie sich einander zu und ermahnen sich gegenseitig, der Nebelkappen auch ja nicht zu vergessen.

Da war aber ein anderer Bauer aus Bertsdorf, der pflügte am Fuße des Berges, hörte wie sich die Querxe beriethen und rief ihnen im Spaße zu, sie möchten ihm doch auch eine Nebelkappe mitbringen. Da gingen die Querxe auf den Spaß ein, gaben ihm eine Nebelkappe, auf daß er ungesehen mit zur Hochzeit gehen könnte, sagten ihm aber, er dürfe zwar essen und trinken so viel ihm beliebte, aber ja von den Speisen nichts zu sich stecken, wenn sie seine guten Freunde bleiben sollten.

Also gingen die Zwerge sammt dem Bauer nach Bertsdorf zur Hochzeit, stülpten vor dem Dorfe ihre Nebelkappen auf, gingen in das Hochzeitshaus und setzten sich, unsichtbar wie sie waren, mit an den Tisch, also daß immer zwischen zwei gebetenen ein ungebetener Gast zu sitzen kam. Auch der mitgebrachte Bauer saß unsichtbar zu Tische, hieb wacker auf die Speisen ein und ließ sich die guten Gerichte wohl schmecken. Als er nun satt geworden war, da dachte der gute Mann an seine Frau und seine armen Kinder, wie sie daheim saßen und trockenes Brod knabberten, konnte der Lockung nicht widerstehen, griff zu und steckte ein großes Stück Kuchen in seine Tasche, um es den Seinigen mitzubringen. Aber in demselbigen Augen blicke war auch die Nebelkappe verschwunden, und mit einem Male saß der ungebetene Gast in seinen schlechten Zäkerhosen und seinen gar nicht hochzeitlichen Hemdärmeln vor den sichtlichen Augen der Hochzeitleute. Da war ein großer Schrecken von beiden Seiten und er mußte nun haarklein erzählen, wie er sammt den Querxen sich eingeschmuggelt hatte.

Den Weiblein ward es aber gar unheimlich, da sie von ihrer unsichtbaren Nachbarschaft Kunde erhielten, und Alle wußten nun, wie es zugegangen, daß die Speisen so gar schnell ein Ende genommen hatten. Aber den Bauer behielten sie da und luden ihn auch zu dem folgenden Tage ein. Auch die Querxe stellten sich wieder ein, obgleich sie nicht mitgebeten waren. Man sah es aber ganz deutlich wieder an der sichtlichen Abnahme der Speisen.

Anmerkungen:

  1. Thorsteine lag im Ried verborgen und hörte einen Knaben in dem Hügel rufen: Mutter, reiche mir Krummstab und Bandhandschuh, ich will auf den Zauberritt, es ist Hochzeit in der Welt. Da wurde aus dem Hügel alsbald der Stab gereicht, der Knabe bestieg ihn, zog die Handschuh an und ritt wie Kinder pflegen. Thorsteine nahte sich dem Hügel und rief dieselben Worte. Sogleich kamen Stab und Handschuh heraus. Er steigt auf den Stab und reitet dem Knaben nach. (Schindler, der Aberglaube des Mittelalters S. 43.)
  2. Die Tarn- oder Nebelkappe ist ein nie fehlendes Attribut der Zwerge. Man muß sie sich in spitziger Form denken, denn sie ist ein Abbild des Berges, in welchem der Zwerg wohnt. Zwerge sind Repräsentanten der Berge. Sie finden sich massenhaft, wie das gebirgige Gestein und volkartig beisammen wie der Gebirgswald. Sie treten selten als Individuen auf; nur der vertriebene Zwerg erscheint zuweilen als ein einzelner Flüchtling verirrt und klagend.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862