<< Der gespenstische Mäher | Niederlausitzer Volkssagen | Der Mönch ohne Kopf >>

Übermut thut selten gut

  Mündlich von Frau Koppe in Guben,
  die Sage stammt aus Seitwann

In einer Spinnstube, wo Burschen und Mädchen beisammen waren, sprachen sie darüber, ob es wahr sei, daß sich ein Mensch an einem Zwirnsfaden, einem Bindfaden oder einem Strohhalm erhängen könne. Da sagte ein übermütiger Bursche: „Das muß ich versuchen, ob es mit einem Zwirnsfaden geht.“ Er befestigte einen Faden an einer Stange, die früher an jeder Stubendecke entlang lief, stellte sich auf einen Stuhl und steckte den Kopf durch die Schlinge. In dem Augenblicke fing alles Vieh im Stalle fürchterlich an zu brüllen (nach andern Bericht entstand an den Fenstern ein Feuerschein) und Mädchen und Burschen liefen aus der Stube; denn sie glaubten, es wäre etwas passiert. Als sie wieder hereinkamen, war der übermütige Bursche tot.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894