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Der Schmorz bei Budissin

  Frenzel, hist. natural. II. 773. msc. 
  O. u. N.-L. Chronik. S. 87. Preusker. I. S. 100 ff.

Der Schmorz wird von den Wenden der Berg genannt, welcher oberhalb der Stadt Budissin, gegen Süden neben dem Tromberge bei dem Dörflein Kleinkönitz, liegt. Der Name soll von einem alten Besitzer herrühren, der Moritz, wendisch Schmorz, geheißen. Man sieht hier zwei Gruben, welche die Leute Raubkeller nennen, indem sie erzählen, daß vor Zeiten Räuber hier gehauset haben.

Andere muthmaßen, es sei hier früher ein Bergwerk gewesen. Auch spricht man von Schätzen, die hier verborgen liegen. Oben auf dem Berge liegt das „Rundtheil“, ein Steinwall, 300 Schritt im Umfange, 3 bis 6 Ellen hoch. Es besteht aus kleinen, lose auf einander geworfenen Steinen.

Um diesen Wall herum soll noch ein größerer gegangen sein, von dem man aber nur noch geringe Spuren sieht. Man hat dort Ueberreste von verbranntem Getreide gefunden. Auf einem nördlich 18 Ellen tief herunter gehenden Felsen soll ein Schloß gestanden haben und von da ein unterirdischer Gang bis Bautzen führen.

Anmerkungen:

  1. Dergleichen Ringwälle, wend. Grozisco, bilden eine dritte Art von Opferplätzen. Sie finden sich fast überall in der Lausitz an hochgelegenen Orten, dicht an fließenden Gewässern, sind von runder oder halbrunder Gestalt und bergen Kohle, Asche, Urnen und andere Alterthümer. Ob sie wie jene Opfersteine deutschen oder wendischen Ursprungs sind, ist noch nicht völlig entschieden. Viele nennt das Volk fälschlich Schwedenschanzen, andere Burgsberge, wobei zu bemerken, daß zwar auf den wenigsten dieser Heidenschanzen später mittelalterliche Burgen errichtet wurden, der Name aber doch darin die Sache trifft, daß sie schon in Heidenzeiten neben den gottesdienstlichen auch kriegerischen Zwecken dienten.
  2. Es folgt hier eine möglichst vollständige Aufzählung dieser Rundwälle, zusammengestellt aus den Beiträgen von Cotta im N. Laus. Mag., dem Verzeichniß in den wend. Liedern und der ausführlichen Abhandlung in Preusker's „Blicken in die vaterländische Vorzeit.“
    1. Im Neißgebiete
      1. Der Vensberg bei Ostritz mit Zwerg- und Schatzsagen.
      2. Der Burgberg bei Ostritz, jenem gegenüber, mit bronzenen Götzenbildern, welche an den Kopf gelegte Arme und hervorgezogene Beine hatten, – und mit Sagen von einer Burg.
      3. Der Königshain bei Marienthal, auch das alte Schlößchen genannt, weil im 10. Jahrh. die deutschen Könige daselbst ein Schloß gegründet haben sollen.
      4. Der Schülerberg bei Hörnitz und Herwigsdorf. Sagen von einem Schloß. Der daran grenzende Theil des Dorfs „die Scheibe,“ früher Schiba, erinnert an die slav. Göttin Siba. (Preusker).
      5. Burgberg bei Oberrennersdorf (bei Bernstadt).
      6. Ringelberg bei Bertsdorf auf dem Eigen. (Im Berge liegt ein „goldener Hain,“ d. i. ein Götzenbild, und ein goldener Altar aus den Heidenzeiten.) Man hat dort Urnen und bronzene Waffen gefunden.
      7. Burgberg am Kremnitzbach bei Bernstadt. Wallfahrten der Umwohner am 1. Osterfeiertage, früher mit Anzünden von Osterfeuern verbunden. (Wer am 1. Ostertage den auf dem Berge befindlichen Wallkessel überspringt, bleibt das ganze Jahr von Zahnschmerzen verschont.)
      8. Die Hainmauer bei Nieda an der Wittiche – mit Zwerg-, Schatz- und Heiligensagen.
      9. Der Steinwall zu Jauernick auf dem Burgberge mit Gründungssagen.
      10. Die Schwedenschanze bei Friedersdorf an der Landeskrone.
      11. Die Schanze bei Kößlitz.
      12. Burgberg bei Schönberg mit Schatz-, Teufels-, Wunder- und Fluchsagen.
      13. Die Schanze auf dem Hainberge bei Lichtenberg, auch Hain- oder Riesenmauer genannt. Ebendaselbst an der Dorfbrücke eine Art Schanze mit Schatzsagen.
      14. Burgberg bei Penzig.
      15. Kesselberg bei Ebersbach.
      16. Limasberg bei Liebstein mit Burg-, Schatz- und Göttersagen.
      17. Burgberg von Melaune – unermeßliche Aschenanhäufungen.
    2. Im Spreegebiete
      1. Der Bielplatz bei Görbitz. Das Volk in der Gegend erzählt, dort sei „dem guten Biel“ geopfert worden, Andere nennen den Gott „den weißen Abgott,“ also den Bielbog der Wenden. Benachbart ist das Dorf Belwitz.
      2. Die Schwedenschanzen bei Kittlitz, (wendisch Ketlizi, vielleicht von Kotlischczo, der große Kessel).
      3. Schanze bei Oehlisch. (Oehlisch, Oels, Elster, Alster, zwei lausitzische Oelberge, u. s. w. bedeutet „heiliger Hain“ oder „Heiligthum“ im allgem.).
      4. Schanze bei Schöps. – Doppelwall auf beiden Seiten des Flüßchens Schöps, an der uralten großen Heerstraße von Polen nach Sachsen. An der alten Schmiede im Dorfe soll früher ein Götzenbild befindlich gewesen sein. In der Nähe ein Heilbrunnen. Der Name ist slavisch, kommt auch bei Spremberg und im Altenburgischen vor und ist noch unerklärt.
      5. Schwedenschanze bei Niethen. – Sage vom unterirdischen Gängen nach dem Hofe von N. und nach Kohlwese.
      6. Zwei Schanzen zwischen Lauske und Zschorna.
      7. Schwedenschanze bei Belgern (= Biela gora, weißer Berg).
      8. Die Rackelsche oder Connewitzer Schanze, auch Slotnik, Goldberg genannt von einem unterirdischen Schatze.
      9. Schanze im Parke zu Gröditz (= grodzisco = Schanze).
      10. Schanze in Weißenberg.
      11. Der Schmorz bei Kl.-Könitz und Budissin (s. o.).
      12. Schanze bei Blösa. – Knochen und Kohlen. – Sage von unterirdischen Gängen und Schätzen.
      13. Schanze bei Kumschütz;
      14. bei Doberschau;
      15. bei Grubschütz;
      16. bei Daranitz;
      17. bei Stiebitz.
      18. Der Protschen bei Budissin mit Schatzsagen.
      19. Schanze bei Lubas, unfern Niedergurig.
      20. Schanze bei Brana.
    3. im Elstergebiete
      1. Schanze bei Kl.-Seitschen, welches für die Burg Zizani, Sizen des Ditmar ge halten wird. Vielleicht von zito, Getreide, oder ziza, Göttin der Fruchtbarkeit.
      2. Schanze bei Göda, einem alten Burgwart mit sehr merkwürdigen Alterthümern.
      3. Schanze bei Dahren;
      4. bei Spittwitz;
      5. bei Dobranitz;
      6. bei Coblenz;
      7. bei Loga;
      8. bei Luga.
      9. Siebitz (von Siba, der wendischen Liebesgöttin).
      10. Kukau beim Kloster Marienstern. Bei Kukau lebte vor 100 Jahren ein Einsiedler, der sich aber endlich verheirathete.
      11. Ostro beim Kloster Marienstern, ein Doppelwall. (Ostara!)
      12. Burgberg bei Prietitz, im Mittelalter mit einer Georgenkapelle und Wallfahrtsstationen. Nach Bronisch kommt der Name von Pritiza, einer slavischen Göttin des wiederkehrenden Frühlings (Kirchengal. S. 338.).
      13. Der Reinhardtsberg bei Kamenz mit einer Schatzsage von einer in der Johannisnacht zu hebenden Braupfanne.
      14. Der Rehnsdorfer Burgstall bei Elstra (unterirdische Gänge und Schätze).
      15. Der Radschin bei Schmölln (Radschin = Burg).
    4. Im Queißgebiete.
      1. Der Todtenstein bei Ullersdorf.
      2. Der Ur-, Auer-, Urn- auch Queißersberg bei Gerlachsheim.
      3. Der Götzentempel bei Wünschendorf.
      4. Der weiße Stein bei Marklissa.
    5. In der Niederlausitz.
      1. Der Heidenwall zu Burg an der Spree mit Sagen von wendischen Königen und interessanten Alterthümern.
      2. Schwedenschanze bei Stargard (stary grod = alte Burg).
      3. Der Burgort bei Fresdorf unweit Luckau.
      4. Das heilige Land bei Niemitsch – Alterthümer, Sagen von Gero und der heiligen Hidda.
      5. Schanze bei Riedebeck;
      6. Schanze bei Giesmannsdorf;
      7. Schanze bei Zickau;
      8. Schanze bei Kasel.
      9. Der Opferheerd bei Gohren.
      10. Der Kratig (= grodk, kleine Burg) bei Sonnenwalde (wendisch grodzisco).
      11. Der Gröschkenberg bei Großmöhso.
      12. Schanze bei Leipa;
      13. Schanze bei Kittlitz;
      14. Schanze bei Großbeuche;
      15. Schanze bei Saßleben;
      16. Schanze bei Duben;
      17. Schanze bei Wintorf;
      18. Schanze bei Torno;
      19. Schanze bei Senftenberg.
      20. Schanze Im Birkenthal bei Muskau.
      21. Schanze bei Mulkwitz;
      22. Schanze bei Zilmsdorf;
      23. Schanze bei Schleife;
      24. Schanze bei Mankendorf.
      25. Der Hampig bei Hoyerswerda.
      26. Schanze bei Leuthen;
      27. Schanze bei Zasow;
      28. Schanze bei Ruben;
      29. Schanze bei Sülow.

Viele Berge der Lausitz haben, ohne sichtbare Spuren des Götzendienstes aufzuweisen, in ihren Namen mehr oder weniger deutliche Beziehung auf heidnischen Kultus. Ich will hier nur kurz erwähnen die vielen Scheibenberge (Schiba), die vielen Hain-, Hahn-, Hageberge, Gückelsberge (= Zauber- oder Hexenberge), den Hertha bei Ullersdorf, die Bockkirche (Bog = Gott) bei Kindisch, Frauenberg bei See, 11 Hollenberge (Hölle oder Frau Holle), 15 Hutberge (siehe die Sagem vom wilden Jäger), 2 Zeisigberge (Zisa), Heiden- oder Heidelberge, Tschornberge, Jungfernberge, 12 Butterberge (wahrscheinlich Koboldsberge, butt = Kobold), Radeberge, Radelkeller, Rothsteine (Radegast), Semperstein bei Johnsdorf (Gott Sompar).

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862