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Der Steinwall auf dem Löbauer Berge und das weiße Pferd

  Preusker I. S. 77.

Auf dem sagenreichen Löbauer Berge findet sich auf der Ostseite eine aus verschlackten Steinen ohne Mörtel und Kalk errichtete Mauer, welche 3–7 Fuß hoch und 10–20 Fuß breit ist, und den Berg in einer Länge von 3100 Fuß in Gestalt eines schiefen Vierecks umgiebt. Die Verschlackung rührt wahrscheinlich von vielhundertjährigem Opferfeuer her. Nicht weit davon hat man vor 40 Jahren Drahtringe, Nadeln und Waffen von Bronze gefunden, die aus der ältesten Heidenzeit stammen.

Die Sage erzählt, es habe ursprünglich hier auf dem Berge sollen die Stadt Löbau gebaut werden, und dies sei die Stadtmauer gewesen, mit der man den Anfang gemacht habe. Da erschien aber allnächtlich ein weißes Pferd, welches die zum Bauen bereit liegenden Balken und Baumstämme allemal wieder in's Thal hinunter schaffte, wo die Stadt jetzt steht. Also habe man sich dem fügen müssen.

Anmerkungen:

1. Das weiße Pferd erinnert an Odius oder Swantewits Pferd oder an die weissagenden Rosse, die ebenso zum Kultus der Germanen wie der Slaven gehörten. Vgl. Bd. II. No. 331., auch Bd. II. No. 204. u. No. 180.

2. Dergleichen vom höchsten Alterthum zeugende Schlackenwälle finden sich auch auf dem Strom berge und auf dem Rothstein bei Sohland. Von beiden, besonders aber vom Stromberge, giebt es mannigfaltige Sagen. Ausführlichen Bericht über diese drei merkwürdigen Opferstätten s. bei Preusker I. S. 77 ff. Dieser ebenso gründliche, wie rastlose und scharfsinnige Alterthumsforscher setzt diese drei Berge in eine alte gottesdienstliche Verbindung, ebenso wie die drei in einem fast regelmäßigen Dreieck liegenden Opfersteine zu Weigsdorf, Maxdorf und Neudörfel. Von den drei Schlackenwällen ist der auf dem Stromberge der deutlichste. Stromberg heißt steiler Berg (strma wend. = steil). Er liegt in der Mitte mehrer Gemeinden, die ihn gemeinschaftlich besaßen und deren Flurgrenzen sich noch heute auf ihm berühren. (S. Preusker 1. S. 95. Anmerk. IX.) Daß auch die beiden anderen später für wichtig gehalten wurden, beweist, daß an dem einen Löbau, die älteste Stadt der Lausitz, an dem andern das Burgwart Dolgowitz gegründet wurde.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862