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Der Trinker und sein verstorbenes Weib

  Mündlich von Frau Richter in Coschen

Der alte M. in Coschen trank sehr und lebte mit seinem Weibe in beständigem Zank und Streit. Als die Frau gestorben war, hieß es allgemein, sie käme wieder.

Hönkes Großmutter ging als junges Mädchen eines Abends zu Altschmidts in die Spinnstube. Auf der Dorfstraße traf sie eine dunkle Gestalt, der sie einen guten Abend„ sagte, ohne indes eine Antwort zu erhalten. Da sahe sie sich die Person näher an und bemerkte, daß diese sehr groß war, aber keinen Kopf hatte. Dasselbe begegnete einem andern Mädchen, das mit seinem Spinnrade ein wenig später kam.

Als sie nachher beide in die Spinnstube traten, sprach die alte Frau Altschmidt: „Kinder, was ist euch denn passiert; ihr seid ja weiß, wie eine Kalkwand!“ Da sie es erzählt hatten, sagte sie: „Darüber seid nur ruhig, das hat keinen Anteil an euch. Das ist die alte M. gewesen, die hat ihren Mann wieder aus dem Kruge geholt.“

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894