Irrlicht führt ins Wasser

Es war bereits dunkel, als ein Mann aus Leversbach von Düren kam und an der Franzensmühle hinter Kreuzau anlangte, um der Rur entlang seiner Heimat zuzusteuern. Kurz hinter der Mühle sah er ein Irrlicht (Drüggled), das hüpfend vor ihm herflog. Das ist etwas Natürliches, dachte er bei sich und schritt rüstig weiter. Plumps, da lag er im Wasser.

Zum Glück war die Rur an der Stelle nicht tief, und bald war er wieder auf seinem Wege. Um nicht zum zweiten Male durch das Irrlicht vom Wege zu geraten, wollte er nicht mehr auf das noch immer vor ihm hertanzende Licht achten und ging vorsichtig weiter. Aber ab und zu schaute er doch darauf hin. Plötzlich glitt er wieder hinunter in die Rur. Ganz durchnässt arbeitete er sich aus dem Wasser.

Jetzt war er klug und ging vorsichtig von der Rur abgewandt an dem erhöhten Rande des Weges an der anderen Seite, und tastend suchte er so von der gefährlichen Stelle abzukommen.

Als er zu Hause sein Erlebnis erzählte, sagte der alte Großvater: „Hättest du etwas Wasser über das Licht geworfen und die üblichen Taufworte gesprochen, so wäre ein Seelchen erlöst; denn die ‚Drügglede’ sind Seelen ungetaufter Kinder, die einen ans Wasser locken, um sie zu taufen.“

Quelle: Heinrich Hoffmann: „Von Römern, Rittern und ruschigen Juffern“ Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Sagen aus dem Rurgebiet, Nr. 137; eifelon.de