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Die Ludki

  S. Haupt u. Schmaler, volkslieder der Wenden II, 268.

Die ludki (d. h. kleine leute) sind die zwerge der Wenden. sie wohnen ebenfalls in hügeln, und zwar da wo sich urnen vorfinden. solche hügel heißen dann in der N. L. Ludkowa góra, Ludkenberg, oder Ludkowa górka, Ludkenhügel. sie sind gutmüthig und müssen schwer gereizt werden, ehe sie den menschen einen [possen thun. sie borgten gern von den menschen allerlei hausrath und legten gewöhnlich bei der zurückgabe ein geschenk hinein. wenn einer ein butterfaß borgte, so pflegte er, weil er doch so klein war, hineinzukriechen und sich darin fortzukollern. was sie sonst zu zweien transportirten, das trugen sie nicht neben einander, sondern hintereinander gehend. sie waren auch spielleute und spielten eine art hackebret oder cymbal mit tangenten. daher besuchten sie als musikanten und manchmal auch als tänzer und tänzerinnen die freudenfeste der menschen und brachten dann fast immer geschenke mit. ihr lieblingsvergnügen war aber, in dem hause eines menschen bei nachtzeit ein gastmahl zu feiern. wer sie zu belauschen das glück hatte, sah sie dann durch unterirdische gänge und mäuselöcher zum vorschein kommen. beleidigen durfte man sie alsdann nicht, wenn man sein häusliches glück lieb hatte. seit die glocken eingeführt sind, sind auch die ludki allmählich verschwunden.

Anmerkung. Daß zwerge im gänsemarsch gehen, berichtet auch die irische sage (Keightly, mythol. II, s. 192).

Quelle: Karl Haupt, Zwergsagen aus der Ober- und Niederlausitz, Verlag der Dieterichschen Buchhandlung Göttingen, 1859