<<< vorheriges Märchen | IV. Der dumme Hans (Märchen) | nächstes Märchen >>>
Der dumme Hans dient dem Teufel
bei Vetschau R
Es war einmal ein Bauer, der hatte einen liederlichen Sohn, und der hiess Hans. Der Vater musste sich viel über ihn ärgern, deshalb schickte er ihn eines Tages fort, indem er sagte: „Gehe zum Teufel.“ Da machte sich der Hans auf und kam in einen grossen Wald. Noch war er nicht weit gegangen, als auf einmal ein Mann mit einem Jagerrock bekleidet an ihn herantrat und fragte, wo er hin wolle. Hans sagte: „Ja, das weiß ich selber nicht, mein Vater hat mich zum Teufel geschickt.„ Da sprach der Mann: „Der Teufel bin ich, wenn Du mir drei Jahre dienen willst» so werde ich Dich gläcklich machen, aber Du darfst Dich drei Jahre nicht waschen, drei Jahre Dir nicht Bart, Haar und Nägel verschneiden.“ Hans überlegte erst ein Weilchen; der Teufel aber sprach: „Du brauchst Dich nicht zu fürchten. Du wirst es gut haben in meinen Diensten.“ Jetzt war Hans bereit. Darauf gab der Teufel dem Hans Geld und schickte ihn auf Reisen.
Einstmals kam Hans in einen Gasthof; der Gastwirth sprach: „Solch einen Gesellen, wie Du bist, kann ich in meinem Hause nicht beherbergen.“ Indess der Hans bat sehr, dass er ihn über Nacht behielte, aber der Gastwirth sagte: „Nein, das geht nicht, heute kommt eine grosse Spielgesellschaft hierher und das sind lauter feine Herren.“ Da sprach Hans: „Ich will mich ganz still hinter den Kamin setzen, dort wird mich Niemand sehen.“ Darauf sagte der Gastwirth: „Ja meinetwegen, dann bleibe hier.“ Der Hans kroch hinter den Kamin; bald darauf kamen mehrere Herren und setzten sich hin, um Karten zu spielen. Einer aber war darunter, der hatte fast all sein Geld nach einer Stunde verloren; da sprach er so vor sich hin: „Hat das der Teufel geholt, so mag er das Andere auch holen.“ Darauf ging er zur Thür hinaus. Der Hans kam leise hinter seinem Kamin hervor, lief dem Fremden nach und sprach: „Seid nicht so verzagt, ich werde Euch helfen.“ Als der Mann ihn ansah, wollte er davon laufen, denn der Hans sah sehr wild aus, Hans aber sprach: „Seid nicht so dumm, hier habt Ihr Geld, damit werdet Ihr schon gewinnen.“ Darauf nahm der Mann das Geld und ging wieder in die Stube. Er gewann jetzt nicht nur sein verlorenes Geld wieder, sondern auch das der Anderen. Als endlich Alle fortgegangen waren, lief Hans hinter dem Manne her und sprach: „Ich habe Dir jetzt geholfen, nun sollst Du mir eine kleine Belohnung dafür geben; ich mochte Deine jüngste Tochter zur Frau haben“ Dem Manne standen die Haare zu Berge wegen dieser Bitte, nach einem Weilchen aber sprach er: „Ja, Du sollst sie haben, komm nur mit“
Als Beide eine Strecke vom Dorfe fortgegangen waren, kamen sie an ein stattliches Schloss, welches dem Manne gehorte und worin derselbe mit seinen drei Töchtern wohnte. Als diese den Vater mit seinem Gast erblickten, wollten sie davonlaufen. Der Hans aber sprach: „Eine von Euch soll ich zur Frau bekommen, lauft nur nicht davon.“ Der Vater redete nun auch der Jüngsten zu, dass sie doch zu dem Hans hinkäme und ihm die Hand gebe. Da kam die Jüngste furchtsam naher und gab dem Fremden die Hand. Hans aber sprach: „In drei Wochen komme ich wieder, dann wird die Hochzeit sein“. In drei Wochen aber waren die drei Jahre um, während welcher Hans dem Teufel gedient hatte, und dann sollte er, wie der Teufel gesagt hatte, glücklich sein. Die Schwestern halten nun die Jüngste zum Besten und schalten dieselbe Teufelsbraut. Am Tage vorher, ehe die drei Jahre um waren, kam der Teufel zu dem liederlichen Hans und gab ihm ungeheuer viel Geld, sodann eine Kutsche mit zwei schönen Pferden und ein Flaschchen mit Wunderbalsam. Darauf sprach der Teufel: „Einmal besuche ich Dich noch und zwar an Deinem Hochzeitstage, dann aber komme ich nicht mehr wieder.“ Darauf verschwand er.
Den anderen Tag ging Hans an einen grossen See, um sich darin zu baden, denn er wollte ja bald Hochzeit machen. Unterwegs traf er einen armen Hirten, den bat er, dass er ihm die Nägel abschnitte und den Bart scheere, aber der Hirt lief davon, so schnell er konnte. Da traf Hans einen Schmied und den bat er um dasselbe. Der Schmied dachte: „Na, mit dem werden wir schon fertig werden, der sieht ja gerade aus wie des Teufels Verwandter.“ Darauf nahm er den Hans in die Schmiede, ergriff seine grosse Zange und kniff ihm damit die langen Teufelskrallen ab. Darauf nahm er eine grosse Schafscheere und schor ihm damit den Bart und dann den Kopf. Darauf schmierte sich der Hans mit seinem Wunderbalsam ein; alsobald wurde er ein schöner Jüngling. Darauf setzte er sich in seine Kutsche und fuhr damit nach dem Edelhof zu seiner Braut. Der Schlossherr und seine Tochter machten grosse Augen, als sie den feinen Herrn aus der Kutsche steigen sahen. Am anderen Tage war die Hochzeit und die Schwestern ärgerten sich jetzt sehr, da sie sahen, dass die Jüngste solch ein Glück machte. In der Hochzeitsnacht als der Hans eben zu Bette gehen wollte, klopfte der Teufel an das Fenster und sprach: „Hans, hast Du die Deine? Ich habe zwei“ Und so war es. Die Schwestern hatten sich, als die Hochzeit zu Ende war, aus Neid über das Glück ihrer jüngsten Schwester erhängt.
Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880