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Hans wird Räuber

  Ströbitz

Ein Bauer hatte einen Sohn mit Namen Hans, der galt für sehr dumm; in der Schule bekam er mehr Schläge, als gute Worte. Dessen wurde der Bauer endlich überdrüssig und so sandte er denn seinen Sohn fort, damit er Räuber werde. Hans ging zu einem Räuberhauptmann; der Hauptmann wollte aber erst, bevor er ihn in seine Bande aufnahm, Proben seiner Geschicklichkeit sehen. Zu diesem Zweck sandte er Hans aus. Dieser machte sich auf den Weg. Da kam eine Kutsche angefahren; schnell sprang er hinten auf. Die Kutsche hielt vor einem Gasthof. Hans sprang sogleich herunter, offnete die Wagenthür und that, als ob er der Hausknecht wäre. Als der Herr, dem die Kutsche gehörte, ausstieg, schnitt ihm Hans hinten den Rock auseinander, dann sagte er dem Herrn, sein Rock sei entzwei, er möchte ihm denselben geben, damit er ihn zu einem Schneider trage, welcher in der Nachbarschaft wohne. Der Herr gab seinen Rock, Hans nahm ihn, ging aber nicht zu dem Schneider, sondern lief damit zu seinem Räuberhauptmann. Der fand, dass Hans ein sehr geschicktes Stück ausgeführt habe, nahm ihn in seine Bande auf und ernannte ihn zu seinem Stellvertreter. Hans wurde bald ein gefürchteter Räuber.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880