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Hans fängt ein Pferd

  Schorbus

Der dumme Hans war der jüngste von drei Brüdern. Da er nicht für besonders klug galt, so wollte man nicht viel von ihm wissen. Der Vater des Hans besass eine Wiese. So oft nun die Brüder des Morgens das Vieh auf die Hut treiben wollten, war das Gras von der Wiese abgefressen. Da beschlossen die Brüder zu wachen, um den Dieb zu fangen. Der älteste Bruder übernahm zuerst die Wache, schlief aber bald ein, so dass, als er am andern Morgen erwachte, richtig das Gras von der Wiese fort war.

Den folgenden Abend ging der zweite Bruder auf die Wache. Aber auch dieser schlief bald ein und als er erwachte, war das Gras wiederum fort. In der dritten Nacht begab sich der dumme Hans auf seinen Posten, um sich wach zu halten, brachte er sich einen Dornbüschel mit; den steckte er in die Erde und setzte sich dann davor. So oft er nun müde wurde and einnicken wollte, gerieth er mit dem Gesicht in die Dornen. Das machte ihn stets wieder munter. Als es endlich gegen Mittemacht kam, stellte sich plötzlich auf der Wiese ein Pferd ein, welches sich daran machte, das Gras abzuweiden. Da aber sprang der dumme Hans auf und fing das Pferd ein. Fortan gewährte die Wiese nicht nur eine gute Hutung, da das Gras des Nachts nicht mehr abgefressen wurde, sondern Hans besass auch ein Pferd.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880