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Der Schneider und der Teufel

Ein Schneidermeister hatte drei Töchter und einen Gesellen. Trotzdem, daß der Alte erst durch Sparsamkeit, dann durch Geiz schmählich reich geworden war, mußten seine drei Töchter aber doch immer fleißig mit nähen, ohne daß sie mit dem Gesellen sprechen durften. Die eine Tochter mochte den Schneidergesellen gern leiden und er sie auch, da blieb ihnen denn weiter nichts übrig, als mit den Augen zu reden und auch dabei mußten sie sich verteufelt borsehen, daß es der Alte nicht merkte, sonst bekam der Geselle gleich den Laufpaß.

Einmal hat diese Tochter die Woche und muß kochen. Sie macht das Mittagsbrod, sind gerade Bratbirnen und Klümpe gewesen, da kommt der Geselle hinaus, thut, als wolle er das Bügeleisen heizen und spricht in der Geschwindigkeit ein paar Worte mit seinem Mädchen. Der Alte ist aber gleich dahinter, hört's, und augenblicklich muß der Geselle aus dem Haus. Ehe er aber weggeht, verspricht ihm seine Braut, des Abends die Thür zu öffnen, damit er sie ein wenig besuchen könne. Das geschieht auch. So haben sie manch Stündlein beisammen zugebracht, ohne daß sie ertappt sind.

Eines Abends aber, als auch der Schneidergesell kaum im Haus ist, steht der Alte auf und geht ständig walten. Der Schneidergesell retirirt auf den Balken, legt sich darauf und wartet ab, was daraus wird. Das Mädchen darf für diesmal nicht aufstehen, damit es sich nicht verräth. Wie nun der Schneidergeselle da liegt, sieht er, daß der Alte Bretter zusammenholt und einen Sarg daraus macht; dann holt er eine ganze Mulde voll Geld, setzt das in den Schrein, und als er damit fertig ist, wird ein Getob und Gebraus, als wenn das Haus untergehen soll, so daß dem verliebten Schneiderlein himmelangst wird. In dem Augenblick steht bei dem alten Schneidermeister der Teufel und jener spricht:

„Hier nimm dir, was dein,
Und gieb mir, was mein.“

Da spricht der Teufel:

„Man sieht's, man horcht.„

Der Schneider spricht:

„Was bist du dumm.
Meine Mädel sind zur Ruh,
Und das Haus ist feste zu.“

Der Teufel sagt:

„Man sieht's, man horcht.„

Der Schneider spricht:

„Ach schweige du
Und greife zu.“

Darauf faßt der Teufel das Geld, und will damit fort. Doch der Schneider sagt, vergiß den Contract nicht. Wenn nun Jemand den geforderten Ziegenbock bringt, der kein weißes Haar an sich hat und von der ersten Stunde an mit Hafer gefüttert ist, und den Tag, wie heute, um diese Stunde dir den Bock mit den Worten reicht:

„Hier nimm, was dein,
Und gieb, was mein,“

so hört ihm das Geld. Du gehst's doch ein? Ja, sagt der Teufel, und fährt zum Dach hinaus. Das ganze Haus stinkt aber wie lauter Teufelsdreck. Darnach legt sich der alte Schneider in den Sarg und ist augenblicklich mausetodt. Da macht sich der Schneidergesell auch gleich aus dem Staube. Er hat am ganzen Leibe, von Angstschweiß triefend, keinen trocknen Faden gehabt. Am folgenden Morgen nimmt er Abschied von seiner Braut und geht Weltein. Der Schneidermeister wird begraben, und seine Töchter nähen nun fleißig und ranzioniren sich durch. Nach Jahren kommt der Schneidergesell wieder zurück, und findet die drei Mädchen zwar arm, aber ehrlich und rechtlich. Sie klagen ihm ihr Leid; ihr Vater wäre doch so reich gewesen, nach seinem Tode aber hätte man keinen Thaler von dem vielen Gelde gefunden. Sie wüßten nicht, wo das viele Geld geblieben wäre. Darauf antwortet der Schneidergeselle, er wolle sehen, ob er es wieder anschaffen könne.

Er brauche aber Zeit dazu und einen Ziegenbock, der kein weißes Haar an sich haben dürfe. Die Schneiderinnen haben gerade eine Ziege, die lammt eben und wirft ein schwarzes Bocklamm; da es aber ein weißes Kreuz auf dem Kopf hat, so taugt es nicht dazu. Kurz darnach lammt des Nachbars schwarze Ziege, wirft aber ein Bocklamm, das kein weißes Haar an sich hat, das ist gut. Der Schneider kauft das Thierchen und fängt es gleich an mit Milch und Hafer zu nähren, bis zu dem Tag, wo es Zeit ist. Dann nimmt er den Bock, zieht ihn in den Stall des verstorbenen Schneidermeisters, ohne daß jemand etwas davon weiß und wartet, bis es elf schlägt. Er hat den Bock am Strick und spricht:

„Satan! heran,
Nimm, was dein,
Gieb, was mein !“

Gleich darauf wird ein gewaltiges Poltern oben auf dem Heuboden. Der Teufel durchbricht die Decke, kommt herunter, hat ein kleines Fäßchen unter dem Arm und wirft das in den Stall hin; faßt dann den Bock, reißt ihn von einander, schlägt mit der Bocklende den Schneider um die Ohren, daß der arme Mensch nicht weiß, wie ihm widerfährt und wie todt zur Erde stürzt. Als der Schneider wieder zu sich kommt, liegt das Fäßchen bei ihm, er ist aber über und über voll Blut. Das Blut sowohl, wie das Fäßchen sagen ihm aber deutlich genug, mit wem er zu schaffen gehabt hat, und wer dagewesen ist. In dem Fäßchen sind aber lauter blitterblanke feine Gulden gewesen. Der Schneidergeselle wird nun Meister und heirathet kurz darnach sein Mädchen.

Natürlich bleiben die andern beiden Schwestern bei den jungen Leuten, und da sie als eine reiche Familie ausgeschrieen werden, so bekommt der junge Schneidermeister durch seine beiden Schwiegerinnen auch noch zwei Schwäger.

Quelle: Sagen und Märchen aus dem Oberharz, gesammelt und herausgegeben von August Ey im Jahre 1862