<<< vorheriges Märchen | XXI. Weitere Märchen | nächstes Märchen >>>

Die Geschichte vom reichen Müller

  Oberlausitz 

Ich war vom Hause aus ein armer Teufel, wie deren viele sind. Ich hatte nichts als eine Bude und einige Beete Acker. Zwei Ziegen hatte ich im kleinen Stall, die spannte ich zuweilen in den Pflug. Aber das Ackern mit den Ziegen wollte und wollte nicht gehen, und ich hatte meinen Aerger. Ich kaufte darum ein Paar Hunde. Nun spannte ich die Hunde vor den Pflug und vor die Hunde noch die Ziegen; auf das Joch der Ziegen legte ich ein Stückchen Kuchen. Die Hunde witterten den Kuchen vorn und liefen, die Ziegen aber fürchteten sich vor den Hunden und liefen auch. Dies Pflügen ging gut. Und siehe, als ich so pflügte, förderte ich zwei Eier aus der Erde. Das waren nicht solche Eier, wie andere Eier sind. Ich nahm sie mit nach Hause und setzte meine Frau darauf; die sollte sie ausbrüten. Und, was meinst Du, dass sie ausgebrütet habe? — Zwei Kühe!

Die Kühe molken gut und im Hause war Milch und Butter genug. Das schlechte Leben hatte ein Ende. Schliesslich wusste ich nicht mehr, was ich mit der Butter anfangen sollte. Ich erbaute im Garten von Butter einen „Stog“, was die Deutschen einen Heuschober nennen. Als im Frühjahr die Sonne darauf schien, lief es von dem Schober, so dass ein Graben und ein Fluss entstanden. An dem Fluss erbaute ich eine Mühle, die geht prächtig, und ich bin ein gemachter Mann.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880