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Der Krieg des Wolfes und des Fuchses

  Aus Haupt und Schmaler's wend. Liedern II. Anhang.

Und in Brischko hatten Pardonja's eine alte Katze und Nasdalak's einen alten Hund. Und Pardonja sagte zu seiner Frau: Was sollen wir nur mit der Katze länger? Sie fängt ganz und gar keine Mäuse mehr. Weißt du was, ich werde sie ersäufen. Sie sprach aber: Thue das nicht, sie fängt doch wohl noch Mäuse. Aber er sprach: Schwatze nur! auf der können die Mäuse tanzen und sie wird keine zu fassen bekommen. Sobald als ich sie erblicke, muß sie in's Wasser. Das that aber der Frau Pardonja sehr leid. Die Katze lag aber hinter dem Ofen und bemerkte Alles. Und sie wurde sehr traurig. Und Pardonja ging auf's Feld. Da stand sie auf und miaute so rührend. Und die Frau Pardonja öffnete ihr schnell die Thüre und sprach: Entfliehe, du armes Thier, bevor Unser wieder nach Hause kommt. Und die Kaße lief gesenkten Kopfes in die Kieferchen. Und als Pardonja Heimkam, sagte die Frau Pardonja: Sie ist entflohen. Und Pardonja sagte: Das ist ihr Glück. Und die Frau Pardonja sagte: Ach, du armes Thier. Und Nasdalaf sagte zu seiner Frau: Was sollen wir nur mit dem Hunde länger? Er ist ganz taub und blind, und bellt, wenn es unnöthig ist, und ist ruhig, wenn er Lärm machen sollte. Weißt du was, ich werde ihn hängen. Die Frau Nasdalak sprach aber: Thue doch das nicht, er ist doch wohl nicht so untauglich. Aber er sprach: Schwatze nur, da kann der ganze Hof voll Diebe sein und er wird doch keinen verrathen. Wenn ich ihn heute erblicke, so ist's aus mit ihm. Das that aber der Frau Nasdalak sehr leid. Der Hund lag aber im Winkel und bemerkte Alles. Und er wurde sehr traurig. Und Nasdalak ging auf's Feld. Da stand er auf und heulte so rührend. Und die Frau Nasdalak öffnete schnell die Thüre und sprach: Entflieh', du armes Thier, bevor Unser wieder nach Hause kommt. Und der Hund lief mit hängendem Schwanze in die Kiefern. Und als Nasdalak beimkam, sagte die Frau Nasdalak: Er ist entfloh'n. Und Nasdalak sagte: Das ist sein Glück. Und die Frau Nasdalak sagte: Ach, du armes Thier. Es geschah aber, daß sich die Katze und der Hund in den Kiefern trafen. Und sie waren sonst in Brischko keine großen Freunde, aber in den Kiefern war das anders. Und unter einen Wachholderstrauch setzten sie sich und dort klagten sie sich ihre Noth. Und dort kam der Fuchs zu ihnen. Und er sprach: Was sitzet ihr hier und klagt euch solche Reime vor. Und die Katze sagte: Ich habe manche liebe Maus gefangen, und jetzt, da die alten Tage gekommen sind, will man mich ersäufen. Und der Hund sagte: Ich habe manche liebe Nacht gewacht, und jetzt, da die alten Tage gekommen sind, will man mich hängen. Und der Fuchs sagte: Euch geht's gerade wie herrschaftlichen Dienern. Aber ich will euch wieder zu eurem Dienste verhelfen, ihr müßt mir jedoch auch bei einer Sache behülflich sein. Und sie sagten: ja. Und der Fuchs sprach: Der Wolf hat mir den Krieg erklärt und tritt mit dem Bär und dem wilden Schwein gegen mich auf. Und wir wollen morgen eine große Schlacht liefern. Und sie sprachen: Wir werden mit dir zusammen in den Krieg ziehen, denn es ist doch rühmlicher, vor dem Feinde sein Leben zu lassen, als in den Kiefern umzukommen. Und sie gaben sich die Pfoten darauf. Der Fuchs ließ aber dem Wolfe jagen, er möchte an den bestimmten Ort zum Kampfe kommen. Und sie zogen hin. Und der Wolf, der Bär und das wilde Schwein waren zuerst da. Und sie warteten eine ziemliche Weile, und der Fuchs, die Katze und der Hund kamen noch nicht. Und der Bär sagte: Ich will einmal hier auf die Eiche aufsteigen, vielleicht erblicke ich sie irgendwo. Und er schaute das erste Mal umher und sagte: ich sehe nirgends was. Und er schaute das zweite Mal umher und sagte: ich sehe noch nirgends was. Und er schaute das dritte Mal umher und sagte: Siehe, dort in der Ferne kommen die Lausknicker angezogen. Ei, was der eine für eine Lanze hat. Das aber war die Katze, welche mit ihrem Schwanze so in der Luft herumwedelte. Und sie hatten ihren Spott. Und es war erschrecklich warm. Und der Bär sagte: das kann noch einen halben Tag dauern, ehe die kommen, ich werde mich hier auf einen Ast strecken. Und der Wolf legte sich unter die Eiche in den Schatten, das wilde Schwein grub sich aber in einen Haufen Streu ein, daß nur eine Ohrspitze zu sehen war. Hierauf kamen aber der Fuchs, die Katze und der Hund. Und die Katze erblickte das Ohr, welchem gerade eine Stechfliege einen Stich gab, und das Schwein machte mit dem Ohr eine Bewegung. Da stürzte sich die Katze auf dasselbe. Und das wilde Schwein erschrak sehr, grunzte einmal und entfloh. Die Katze aber erschrak noch mehr, spuckte einmal und flog auf die Fichte und gerade dem Bär ins Gesicht. Und der Bär erschrak am meisten, knurrte einmal und stürzte sich von der Eiche herab und fiel gerade auf den Wolf. Und er schlug ihn mausetodt und entfloh. Da zogen sie wieder aus dem Kriege heim, Und sangen gar fröhliche Liedelein.

Und auf dem Heimwege fing der Fuchs ein halbes Schock Mäuse. Und sie kamen vor Brischko und es war schon dicke Finsterniß. Und der Fuchs legte die Mäuse auf Pardonja's Backofen und sagte zu der Katze: jetzt bringe du eine Maus nach der andern. Und die Katze sagte: ja! und brachte eine Maus nach der andern. Und die Frau Pardonja sagte zu ihrem Manne: Sieh nur, unsere Katze ist wieder da und bringt eine Maus nach der andern. Und Pardonja sagte: Das hätte ich doch nimmermehr gedacht, daß die alte Katze noch so Mäuse fangen sollte. Und die Frau Pardonja sagte: Siehst du! habe ich nicht immer gesagt, daß unsere Katze eine treffliche Katze ist? Aber ihr Männer wollt nur immer Recht haben.

Und der Fuchs und der Hund kamen zu Nasdalak's. Und Nasdalak's hatten an demselben Tage ihr Schwein geschlachtet. Und der Fuchs sagte: Geh du wieder in deinen Hof und wenn es etwas spät wird, so fange an aus aller Macht zu bellen. Und der Hund sagte: ja! und fing an aus aller Macht zu bellen. Und die Frau Nasdalak hörte ihn zuerst und sprach zu ihrem Manne: Siehe, unser Hund ist wieder da und bellt aus aller Macht. Steh doch auf und sieh in die Kammer, es sind uns vielleicht Diebe über die Würste gekommen. Aber Nasdalak antwortete: Der taube Racker bellt wohl eben, und er stand nicht auf. Und des andern Tages früh ging die Frau Nasdalak nach Wittichenau in die Kirche. Und sie wollte Witschefes Muhme einige Würste mitnehmen. Und als sie in die Kammer trat, sah sie, daß die ganzen Würste weg waren, die Blutwürste und die Grüßwürste, und es war ein großes Loch unter der Schwelle. Und sie rief: Bei meiner Seele! hier sind Diebe gewesen. Mann, komm doch nur her! Ach, wenn du doch gestern aufgestanden wäreft! Jetzt sind die ganzen Würste weg, die Blutwürste und die Grützwürste. Und Nasdalak kratzte sich am Kopf und sagte: Das hätte ich doch nimmermehr gedacht, daß der alte Hund noch so wachsam sein sollte. Und die Frau Nasdalak sagte: Siehst du! hab' ich's nicht immer gesagt, daß unser Hund ein trefflicher Hund ist? Aber ihr Männer wollt nur immer Recht haben. — Und der Fuchs hatte die ganzen Würste weggeschleppt.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862